Interessante Ausstellung im Lichthof des Rathauses

Wie große und kleine Geschichte verbunden sind

Letzten Montag wurde im Innenhof des Kamenzer Rathauses die Ausstellung „150. Jubiläum der Wiedererrichtung der Katholischen Pfarrei in Kamenz“ eröffnet. Diese Ausstellung sei jedem Geschichtsinteressierten empfohlen, spiegelt sie doch detailreich und interessant die Verschränkung von großer und kleiner Geschichte wider. Letzteres ist sicher eine unzureichende Vereinfachung, da sich wahrnehmend ein Geschichtsprozess immer als gesamter durchsetzt oder gemacht wird. Aber geht es um die Reflexion, um die Ursachen, warum und was geschah, müssen die verschiedenen Ebenen auseinandergenommen werden, ohne natürlich ihre Interdependenzen außer Acht zu lassen.

(v.l.n.r.): Pfarrer Uwe Peukert, Dr. Sylke Kaufmann - Leiterin der Städtischen Sammlungen Kamenz und Jörg Bäuerle - Initiator der Ausstellung

Als Vertreter der Stadt bzw. des Oberbürgermeisters begrüßte die Leiterin der Städtischen Sammlungen Kamenz, Dr. Sylke Kaufmann, die Besucher der Ausstellungseröffnung. Sie sah es als ein gutes Zeichen an, dass gerade diese Ausstellung im Rathaus stattfindet. Dies hänge auch mit der in unserer Region in langen Jahrzehnten „eingeübten“ Bi-Konfessionalität zusammen und zeige sich heute in einem ökumenischen Zusammenhalt, der die guten Beziehungen zur Stadt einschließt.

Dem schloss sich der katholische Pfarrer Uwe Peukert an und machte gleichzeitig, erinnernd an den Tag der Deutschen Einheit, mit der Frage, ob so eine Ausstellung vor 40 Jahren möglich gewesen wäre, auf die inzwischen eingetretenen Veränderungen aufmerksam. Er mahnte dabei an, solche Gegebenheiten heute nicht als selbstverständlich an- bzw. hinzunehmen.

Höhepunkt der Ausstellungseröffnung waren zweifellos die Ausführungen von Jörg Bäuerle, dem Hauptinitiator der Ausstellung, seines Zeichens auch Stadtrat und stellvertretender ehrenamtlicher Oberbürgermeister. Ehe er auf Einzelheiten der Ausstellung einging, dankte er allen Beteiligten, insbesondere jenen Institutionen, die Sachzeugen und Unterlagen bereitstellten wie z.B. das Kloster St. Marienstern, das Domstiftliche Archiv, das Stadtarchiv und die Stadtgeschichtliche Ausstellung der Städtischen Sammlungen. Ebenso richtete er seinen Dank an Dr. Rudolf Reimann, Präsident der Sächsischen Numismatischen Gesellschaft, die den überwiegenden Teil der Ausstellungsvitrinen zur Verfügung stellte, sowie an die Mitarbeiter der Stadtverwaltung, die bei Vorbereitung der Ausstellung halfen.

Danach entführte Jörg Bäuerle seine Gäste auf eine Reise in die Vergangenheit. Es kann jetzt an dieser Stelle nicht darum gehen, dass alles wiederzugeben, was Jörg Bäuerle recht plastisch an geschichtlichem Wissen entrollte. Es würde außerdem den Besuch der Ausstellung erübrigen, was keinesfalls gewollt ist. Aber bezeichnend war, dass er gleich eingangs der mitunter gängigen, menschlich vielleicht verständlichen Auffassung, dass früher „in der guten, alten Zeit“ alles besser war, eine Abfuhr erteilte. Mit diesem Ansatz war es den Machern der Ausstellung möglich zu zeigen, welche großen und kleinen Ereignisse zur Wiedererrichtung der katholischen Pfarrei in Kamenz führten, welche Widerstände es gab und welche Akteure aus katholischer Sicht maßgeblich zum Erfolg beitrugen. Hinzu kamen – bei allen heutigen ökumenischen Gedanken – auch die historisch bedingten Zwistigkeiten zwischen den beiden großen Kirchen in Sachsen bzw. in der Region, die deutlich machten, dass es manchmal ganz irdisch auch um Machtpositionen, Pfründe und Privilegien (Stichwort Parochialzwang) ging. Aber das nur nebenbei. Insgesamt zeigt die Ausstellung, wie es auf städtischer Ebene der katholischen Kirche gelang, ihrer mit der Reformation verlorengegangenen Position wieder Geltung, hier mit der Wiedererrichtung der Pfarrei, zu verleihen und damit ihren Gläubigen eine Heimstatt zu geben. Ein Resultat, das, mit den Worten von Jörg Bäuerle, dazu führte, dass es heute in Kamenz eine lebendige Katholische Kirche gibt.

Neben vielen schriftlichen Dokumenten und Erläuterungen können auch viele dreidimensionale Sachzeugen, wie hier eine Prozessionsfahne, betrachten werden.

Und wer nun wissen möchte, was z.B. der 1871 in Kamenz realisierte Bahnanschluss mit der katholischen Pfarrei zu tun hat, dem sei diese Ausstellung an Herz gelegt, die zu den Öffnungszeiten des Rathauses (Mo/Di/Do/Fr 9.00 – 12.00 Uhr und Die/Do 13.00 - 18.00 Uhr) besucht werden kann. Für gegebenenfalls Besuche außerhalb der Öffnungszeiten sich bitte unter der Mobilnummer 0173 5429156 melden.

Darüber hinaus sei noch auf zwei geschichtliche Vorträge im Elisabethsaal im Gebäude des „Klostergutes“ (Bernhardweg 6 in Kamenz) verwiesen, so auf den Vortrag „Geschichte der alten Pfarrei von 1225 – 1535 (1565)“ am 13. Oktober 2021, 19 Uhr sowie auf den Vortrag „Prozess der Gründung der Pfarrei von 1806 – 1871“ am 27. Oktober 2021, 19 Uhr.

12.10.2021

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