Lehrreiche Stadtwaldexkur- sion im Kamezer Spittelforst

Natürlich denkt man bei Kamenzer Stadtwald zunächst an in Kamenz oder in unmittelbarer Nähe gelegene Waldflächen. Insofern lag es mehr als „naheliegend“ wieder einmal – eine schon in der Vergangenheit stattgefundene – Stadtwaldexkursion durchzuführen. Gesagt – getan!

So versammelten sich am Sonnabendfrüh über 30 Interessierte am Pavillon im Spittelforst. Dabei verwies der anwesende Oberbürgermeister noch einmal darauf, dass Kamenz in der Vergangenheit clever war als es in großem Umfang Waldflächen aus verschuldeten Rittergütern erwarb. Dies habe dazu geführt, dass heute die Stadt Kamenz über ca. 960 ha Waldfläche verfügt. Um es etwas anschaulicher zu verdeutlichen, das sind über 1350 Fußballfelder. Der Leiter des Dezernates für Stadtentwicklung und Bauwesen, Michael Preuß, ergänzte, dass es durch die Erwerbungspolitik von Kamenz heute eben auch Kamenzer Waldflächen gibt, die sich u.a. in Bernsdorf, Königsbrück, Koitzsch und Reichenau befinden. Der Spittelforst selbst umfasst eine Fläche von ca. 64 ha (90 Fußballfelder). Das sind ca. 7 % der Stadt gehörenden Waldfläche, um einmal die Dimensionen klar zu machen. Hier gibt es derzeit einen sogenannten Holzvorrat von ca. 20.000 Festmetern, für den im Verlauf der nächsten Jahre ein Zuwachs von ca. 5.200 Festmetern geplant und verwirklichbar ist. Die letzte größere Durchforstung im Spittelforst fand 2021 statt. Dabei wurde – nach Abzug der Aufwendungen – ein Ertrag von ca. 48.000 EUR erzielt.

Nach diesen einführenden Worten gehörte die Bühne oder besser der Wald Uwe Schöne, einem der drei Revierförster vom Staatsbetrieb Sachsenforst. Uwe Schöne machte noch einmal bewusst, wie wichtig der Wald für Tiere, Menschen, die Umwelt und das Gemeinwesen ist. Dies aber nicht nur in ökologischer Hinsicht, sondern auch als Wirtschaftswald, der notwendige Einnahmen bringt. In der Diskussion mit den Teilnehmerinnen und Teilnehmern wurde dabei auch deutlich, dass man alle Aspekte des Beziehungsgeflechtes „Wald“ in Betracht ziehen muss. Jede Einseitigkeit führt zu Verwerfungen bzw. gegebenenfalls zu falschen Schlussfolgerungen. Hat man in der Vergangenheit eher und verstärkt auf Monokulturen von Fichten und Kiefern sowie Kahlschlagmethoden gesetzt, so geht es heute eher um das Anpflanzen von Mischwald und einem selektiven Holzeinschlag. Wiederum darf man einen Wald nicht nur unter optischen Gesichtspunkten, z.B. der Ordnung im Sinne abgeschlagener Äste bzw. Totholz, die nicht liegen bleiben sollen, denn dies „stört“, sehen oder eben nicht nur vordergründig unter Erholungszwecken, so legitim dies ist. Insofern führt die auf den Spittelforst oft verwendete Bezeichnung „Naherholungsgebiet“, besonders für die Waldflächen hinter dem Festplatz, vielleicht auch zu Irritationen, obwohl diese natürlich auch der Erholung dienen. Aber eben – wie schon erwähnt – nicht nur.

Wirtschaftswald Kamenz

Aller 10 Jahre gibt es eine sogenannte Forsteinrichtung für die Kamenzer Wälder, d.h. es wird ein Plan aufgestellt, was in diesem Zeitraum in Sachen Waldbewirtschaftung geschehen soll. Dabei geht es um die Feststellung, wie der Waldbestand ist und in welchem Zustand er sich befindet. Auf dieser Grundlage wird geplant, wie viel Holz geschlagen werden kann, was natürlich die Überlegung einschließt, nicht mehr Holz zu schlagen als nachwächst – Stichwort Generationen- oder Enkelgerechtigkeit. Zu beachten ist dabei auch, dass es sich jetzt (wieder) erwiesen hat, dass ein Mischwald (keine nur wirtschaftlich motivierte Monokultur) sowohl wirtschaftlich als auch ökologisch die bessere Variante ist. Auch hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass die jeweilige Qualität des Bodens, z.B. im Spittelforst u.a. Granitverwitterungsböden oder tonbasierte Böden, die Art der anzupflanzenden Bäume bestimmt. Hinsichtlich der Wasserstrategie hat es ebenfalls eine Änderung gegeben.  Wurde früher das Wasser eher aus dem Wald herausgeführt, versucht man heute das Wasser aus Klimagründen im Wald zu halten. Wie komplex das Öko-System „Wald“ ist, zeigt sich auch darin, dass auf das „Zusammenspiel“ von großen und kleinen Bäumen oder der verschiedenen Baumarten geachtet werden muss. Sehr deutlich wurde in den Ausführungen von Revierförster Uwe Schöne, wie komplex und kompliziert die Erhaltung und Bewirtschaftung des Waldes ist und wie schwierig es mitunter ist, allen Ansprüchen gerecht zu werden.

Geplante Waldmaßnahmen für 2023 und 2024  

Noch in diesem Jahr sollen (siehe Lageskizze      ) 200 Festmeter Holz, vor allen Dingen Buchen geschlagen werden. Dies geschieht nicht im Kahlschlagmodus, sondern diese Bäume werden, je nach Zustand und Umfeld vereinzelt aus dem Bestand genommen. Dabei kommt auch der Harvester (Holzvollernter) zum Einsatz, der vom Anblick her monströs wirkt, aber gerade bei der Einzelfällung hervorragende Dienst leistet, zumal er beim Abtransport der geschlagenen Bäume andere Bäume weniger beschädigt als die gegebenenfalls bei herkömmlichen Methoden des Abtransports geschieht. Durch die Fällung der Buchen sollen z.B. Eichen mehr Platz zum Wachsen bekommen und auch junge Buchen werden dann besser wachsen können.

Für 2024 ist ein Holzeinschlag auf einer Fläche von ca. 1,7 ha geplant (siehe Lageskizze      ). Auch hier soll die Monokultur „Fichtenwald“ in einen Mischwald umgewandelt werden. Fichten sind in ihrem Aufwuchs relative anspruchslos. Sie wachsen gleichförmig und schnell. Und u.a. auf Grund dieser Eigenschaften – der Gesichtspunkt der wirtschaftlichen Verwertbarkeit stand dabei im Vordergrund – wurde sie in der Vergangenheit in großer Vielzahl und als Monokultur angepflanzt. Diese Entwicklung gilt es heute umzukehren. Es erfolgt kein Kahlschlag von Flächen, sondern eine selektive Flächenherausnahme. Dieser Prozess wird auch als Durchforstung – erstmalig 1791 verwendet –bezeichnet und hat als Zielrichtung „die Stabilität eines Baumbestands, die Lenkung der Baumartenzusammensetzung und die Lenkung des Baumzuwachses (Holzertrag)“. Für Durchforstungsmaßnahmen werden in den nächsten Jahren ca. 7,6 ha in Anspruch genommen werden.

 

800 Jahre Kamenz – 800 Jahre-Wald

Im Rahmen der Stadtexkursion erläuterte Thomas Käppler, der anlässlich des Stadtjubiläums mit anderen den Vorschlag gemacht hatte, 800 Bäume in Kamenz zu pflanzen, das geplante Vorhaben. Dabei soll es nicht nur einfach darum gehen, dass Geld für die Bäume gespendet wird (das natürlich auch), sondern es soll ein Mit-Mach-Projekt werden, wo sich (hoffentlich) genügend Menschen aus Kamenz finden, die an ein oder zwei Tagen die gemeinsame Pflanzung der 800 Bäume, des Waldes – „unseres Waldes“ – vornehmen. Hierzu gibt es eine enge Zusammenarbeit mit der Stadt, die hinter diesem Projekt steht, sowie mit dem Revierförster Uwe Schöne und Manuela Rutkowsky, der Leiterin der Stadtgärtnerei der KDK GmbH. Zunächst galt es als Voraussetzung für die Umsetzung der Idee  eine geeignete Fläche zu finden. Dies ist inzwischen gefunden in der grünen Lunge der Stadt – dem Spittelforst (siehe Lageskizze   ). Geplant ist die Pflanzaktion für Frühjahr 2024 als Aktion in Vorbereitung des 800-jährigen Jubiläums. Dabei könnte eine „runde“ Zahl der Tage bis zum Beginn des Festjahres als äußerer Anlass dienen. Und auch hier wird es – mit Hilfe der Fachleute – u.a. darum gehen, die beste Anpflanzgröße der Setzlinge und die Art der Bäume sowie die Schutzmaßnahmen zu bestimmen, um das bestmögliche Ergebnis für dieses symbolische Wäldchen zu erreichen.   

Fazit: Ein herrlicher Tag im Spittelforst

Es war – neben dem außerordentlich schönen Herbsttag – auch ein außerordentlich lehrreicher Vormittag, bei dem die Anwesenden in die „Geheimnisse“ des Waldes eingeführt oder besser, das Wissen um Wald, um Waldbewirtschaftung erheblich erweitert wurde. Es war eine Veranstaltung, die das Verständnis für die verschiedenen Funktionen des Kommunalwaldes weckte und die auch mit einseitigen Vorurteilen, für was ein Wald gut ist, wofür er steht, aufräumte. Schon jetzt steht fest, dass im nächsten Jahr wieder eine solche Stadtwaldexkursion stattfinden soll, dann vielleicht an einem anderen interessanten Ort des Kamenzer Stadtwaldes.

Abschließend ein noch kleiner Wissenszuwachs: Was ist eine Konzentratselektierer? Antwort: Tiere, u.a. auch Rehe, die leicht verdaulichen Nährstoffen wie Zucker, Stärke und Proteinen „naschen“ und deswegen junge Baumtriebe bevorzugen. Deswegen müssen junge Baumsetzlinge im Wald auch zunächst geschützt werden, z.B. mit einem Zaun. Wieder was gelernt!

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