Der Sechsstädtebund

Sechsstädtebund

Als sich am 21. August 1346 Abgesandte der Städte Bautzen, Görlitz, Kamenz, Lauban, Löbau und Zittau im Rathaus zu Löbau trafen, um in Gegenwart des königlichen Landvogts einen Beistandspakt zu gegenseitiger Hilfe und gemeinsamen Vorgehen gegen Landfriedensbrecher auszufertigen, ahnte wahrscheinlich niemand der Anwesenden, dass sie der Gründung eines Mythos beiwohnen.

So gab es bereits 1339 eine auf die Dauer von zwölf Jahren ausgerichtete Einung zwischen Bautzen, Görlitz, Kamenz, Löbau und fünf schlesischen Städten. Anfänglich nur als ein bilaterales Bündnis zwischen jeweils nur zwei der Städte angedacht, so dass insgesamt dreißig Urkunden ausgefertigt wurden, erhielten der Bund der sechs Städte eine besondere Aufwertung durch die Anwesenheit des Landvogts, der die Interessen des Königs von Böhmen vertrat. Der mit dem ausdrücklichen Einverständnis des Königs (und späteren Kaisers) Karl IV. geschlossene Bund erlangte innerhalb kürzester Zeit eine solche Bedeutung, dass es dem Land im Mittelalter sogar seinen Namen verlieh – noch bevor der Begriff „Oberlausitz“ geprägt wurde. Allerdings darf der Sechsstädtebund keinesfalls als einheitliche Institution verstanden werden, sondern vielmehr als ein Zusammenspiel selbstständig agierender Kommunen mit sich streckenweise überschneidenden Interessen.

Dennoch erwies sich der Sechsstädtebund im Gegensatz zu anderen kommunalen Einungen des Mittelalters als außerordentlich stabil. Kaum ein anderes Territorium wurde so lange und so nachhaltig durch ein solches Bündnis geprägt. Die Sechsstädte verwalteten als Großgrundbesitzer und dominierende Gerichtsinstanzen das Land und standen dabei in Konkurrenz zum Stand des Adels und der Geistlichkeit. So ist der Poenfall von 1547, als die Sechsstädte ihre Truppen im Schmalkaldischen Krieg kurz vor der Entscheidungsschlacht von Mühlberg vertragsgemäß abzogen, von Seiten des Adels als Treuebruch gegenüber den König ausgelegt worden, der daraufhin zum Verlust aller Privilegien, darunter der Entzug der städtischen Gerichtsbarkeit und der freien Ratskür, zur Abtretung aller städtischen Landgüter an die königliche Kammer, zur Ablieferung aller Waffen, zur Einführung einer ewigen Biersteuer und zur Erhebung eines Strafgelds in Höhe von 100.000 Gulden führte. Zwar konnten die Städte in der Folge die meisten ihrer Rechte und Privilegien wieder zurückkaufen, doch zu alter Macht kehrte der Bund nicht mehr zurück. Dennoch bestand er weiter und wurde erst in der Folge der Napoleonischen Kriege durch die Aufteilung der Oberlausitz nach den Beschlüssen des Wiener Kongresses aufgelöst; als Görlitz und Lauban an Preußen fielen.

Für die Region ebenfalls historisch bedeutsam ist das Ende des zweiten Weltkrieges. Nach den Beschlüssen der alliierten Siegermächte wurden die ehemals deutschen Gebiete östlich der Elbe Polen zugesprochen. Damit verstärkte sich nicht nur für Lauban (nun: Luban), sondern auch für die östlichen Teil von Görlitz (nun: Zgorzelec) die Trennung von den anderen Sechsstädten. Dies sollte sich mit den politischen Ereignissen von 1989/90 ändern. Es war jedoch mehr ein symbolischer und kein politischer Akt, als sich im Jahre 1991 die sieben Bürgermeister der ehemaligen Sechsstädte anlässlich des 770. Jubiläums Löbaus im Konventssaal des Rathauses zusammenfanden, um ein neues Bündnis zur gegenseitigen Zusammenarbeit zu unterzeichnen. Die Arbeitsgruppe „Sechsstädtebund“ steht bis heute für gemeinsame und teilweise grenzüberschreitende Initiativen in den Bereichen Kultur, Sport und Tourismus.