Ort: Galerie im Sakralmuseum

Im Zeichen der Palme: Literatur und Grafik aus Mitteldeutschland, Vernissage

Die Thüringer Literaturzeitschrift heißt nicht „Tannenbaum“, weil sie nicht (nur) Wiesen und Wälder besingt. Ihr Vorbild ist der Palmenorden oder die „Fruchtbringende Gesellschaft“, die 1617 in Weimar geschaffen wurde. Am Vorabend des Dreißigjährigen Krieges beschlossen die regierenden Fürsten der protestantischen Höfe keine Aufrüstungs- oder Wirtschaftsprogramme. Um eine Verständigung im zerrissenen Deutschland herbeizuführen, hielten sie nichts für notwendiger als die Förderung der deutschen Sprache und Literatur. Was für eine Utopie in kriegerischen Zeiten! Und mehr als Utopie: Die ‚Fruchtbringer‘ waren echte Spracharbeiter. Sie haben Fremdwörter durch anschauliche Begriffe im Deutschen ersetzt und Fürsten gingen voran, europäische Autoren zu übersetzen, das Eigene durch das Fremde zu bereichern. Welchem Spitzenpolitiker der Gegenwart wäre das heute zuzutrauen? Ihr Leitspruch war „Alles zu Nutzen“, ihr Erkennungszeichen die vielfach nutzbare Palme. Der Redakteur der Zeitschrift Dr. Jens-Fietje Dwars führt durch die Schau. 1992 gründete Detlef Ignasiak in Jena die Literarhistorische Gesellschaft Palmbaum, die seit 1993 die Zeitschrift „Palmbaum. Literarisches Journal aus Thüringen“ herausgibt. Sie erscheint zweimal jährlich im quartus-Verlag Bucha, seit 2016 in Zusammenarbeit mit dem Thüringer Literaturrat. Volker Braun nennt die Hefte „wahre Wunderkammern“, weil jedes Heft einem Titelthema gewidmet ist. 2005 hat Jens-F. Dwars die Redaktion übernommen. Seitdem werden die Einbände von Thüringer und mitteldeutschen Künstlern gestaltet. Der Reigen der Beteiligten reicht von Gerhard Altenbourg über Moritz Götze, Angela Hampel, Karl-Georg Hirsch, Horst Hussel, Gerda Lepke, Gerd Mackensen, Klaus Süß und Strawalde bis zu Hans Ticha, Max Uhlig und Baldwin Zettl.

So vereinen die Hefte beste Literatur und Grafik aus Mittel- und Ostdeutschland. Ein Vergleich der Originalblätter mit dem Andruck und den fertigen Heften ermöglicht exemplarisch nachzuvollziehen, was Buchgestaltung ausmacht: erst durch Auswahl, Verkleinerung oder Vergrößerung von Ausschnitten, kombiniert mit typografischen Bausteinen, entsteht ein Einband, der die Leser ansprechen und auf das jeweilige Thema einstimmen soll.

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